Projekt
InFairCom
Ziel des Klimavertrags von Paris ist es, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Die angekündigten nationalen Klimaschutzbeiträge sind unverbindlich und – aus heutiger Perspektive – unzureichend, um das langfristige Klimaschutzziel zu erreichen. Das Projekt „Incentives, Fairness and Compliance in International Environmental Agreements (InFairCom)“ zielt auf die Analyse von Instrumenten zur effektiven Umsetzung des Klimavertrags von Paris ab. Insbesondere soll herausgearbeitet werden, welche Bedingungen in Bezug auf die kollektive Bestandsaufnahme der weltweiten Emissionen sowie der Finanztransfers notwendig sind, um individuelle Klimaschutzbeiträge zu implementieren, zu kontrollieren und über die Zeit zu intensivieren. Darüber hinaus soll untersucht werden, wie Präferenzen für distributive und prozedurale Gerechtigkeit die Entstehung, Implementierung und Einhaltung des globalen Klimaschutzvertrags beeinflussen. Im Rahmen des Projekts werden theoretische und empirische Methoden – sowohl aus ökonomischer als auch aus juristischer Perspektive – angewendet.
Stand des Projekts
Die juristische Analyse zeigt, dass das Pariser Abkommen, das Regelbuch und die NDCs eher individuelle Gerechtigkeitskriterien betonen als gemeinsame Kriterien vorzuschreiben. Dies erschwert die rechtliche Bewertung der Einhaltung des Abkommens. In der Analyse bestehender internationaler Umweltabkommen zeigt auch, dass klar definierte Fairnesskriterien die Einhaltung der Abkommen fördern. Darüber hinaus untersuchen wir in theoretischen Beiträgen die Stabilität von internationalen Umweltabkommen unter der Annahme, dass die Vertragsstaaten ungleichheitsavers sind. Es wird ein optimales Transfersystem abgeleitet, das zu stabilen Koalitionen führt, die in der Lage sind hohe Wohlfahrtsgewinne zu erzielen. Unsere empirische Analyse deutet jedoch darauf hin, dass Transfers ohne klar definierter Maßnahmen zur Emissionsüberwachung zu einem Anstieg der Emissionen führen könnten. In einem ökonomischen Laborexperiment testen wir den im Pariser Klimaabkommen verankerten Ratchet-Mechanismus. Wir stellen fest, dass er zu Effizienzverlusten führen könnte. Schließlich deutet unsere Umfrage unter internationalen Klimaverhandlern darauf hin, dass die Bestimmung von NDCs durch wirtschaftsweite Ziele die international am besten anwendbare Methode zur Harmonisierung von NDCs ist.

Abbildung 1 zeigt die Ergebnisse eines ökonomischen Laborexperiments. In einem Öffentlichen-Gut-Spiel testen wir den im Pariser Klimaabkommen verankerten Ratchet Mechanismus. Ein Mechanismus, der den Vertragsstaaten vorschreibt, ihre Beiträge zum Klimaschutz über die Zeit schrittweise zu erhöhen. Als Indikator für eine erfolgreiche Zusammenarbeit nutzen wir die Kooperationsrate. Eine Kooperationsrate von 100% bedeutet, dass, im übertragenen Sinne, das global optimale Niveau an Klimaschutz erreicht wird. Wir betrachten drei unterschiedliche Versuchsanordnungen: Erstens, eine Kontrollgruppe (base), also eine (hypothetische) Welt ohne Ratcheting. Zweitens, ein schwaches Ratcheting (weakR), in dem die Kooperationsraten mindestens so hoch sein müssen wie in der Runde zuvor. Drittens, ein starkes Ratcheting (strongR), in dem die Kooperationsraten höher sein müssen als in der Runde zuvor. Zu Beginn sind die Kooperationsraten in weakR und strongR niedriger als in base. Ratcheting führt zwar zu einem Anstieg der Kooperationsraten im Verlauf des Experiments, der Anstieg ist aber nicht stark genug, um die anfänglichen Verluste auszugleichen.
Kernthesen und Befunde
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Die weitere Präzisierung von Strukturvorgaben der NDCs erhöht ihre Transparenz und erleichtert die rechtliche Bewertung der Verantwortlichkeit einzelner Staaten für die Pariser Klimaziele.
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Die Verwendung des Pro-Kopf-BIP zur Interpretation des CBDR-RC-Prinzips und die Angabe der finanziellen Unterstützung von Entwicklungsländern in ihren NDCs sind sinnvoll.
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Strenge Bedingungen für die Meldung von Beihilfen als Klimafinanzierung sind nötig.
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Transfers können eine Alternative zu einem Klimaclub mit Handelssanktionen darstellen.
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Ratcheting verbessert die Kooperation in der globalen Klimapolitik nicht.
Flagship-Paper
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Gavard, C., Schoch, N. (2021):
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Ärger mit der Infrastrukturabgabe. Juristische Arbeitsblätter.
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