Projekt
BeSmart- Intelligente Strommessung und dynamische Tarife: Konsumentscheidungen, rechtliche Rahmensetzung und Wohlfahrtseffekte
Intelligente Strommessungen und dynamische Strompreise sind entscheidend für eine CO2-neutrale Stromproduktion durch erneuerbare Energien. Die großangelegte Integration von Strom aus erneuerbaren Energiequellen erfordert Verbraucher, die Ihren Stromkonsum an das verfügbare Angebot anpassen. Dynamische Stromtarife sind durch den technologischen Fortschritt inzwischen wirtschaftlich und technologisch umsetzbar, aber die fehlende Akzeptanz der Verbraucher stellt weiterhin eine Hürde für die großflächige Einführung dynamischer Stromtarife dar. Das Projekt BeSmart untersucht, ausgehend von einem analytischen Verhaltensmodell, das unter Berücksichtigung psychologischer Einflüsse die Auswahlentscheidung bezüglich eines Stromvertrages abbildet, ökonomische und rechtliche Lösungen, die zu einer Akzeptanzsteigerung flexibler Tarife führen. Mithilfe dieses Modelles werden Entwicklungen des Strommarktes szenariobasiert analysiert.
Ergebnisse des Projekts
Dynamische Stromtarife müssen ausreichend große Preisspannen anbieten, um finanziell attraktiv zu sein. Zugleich zeigt die mikroökonomische Modellierung risiko-averser Tarifentscheider, dass dem Wunsch der Verbraucher:innen nach einer Kostenabsicherung, der sich eindeutig aus dem Tarifauswahlexperiment herleiten lässt, durch eine Deckelung der jährlichen Durchschnittspreise entsprochen werden sollte. Allerdings scheinen Haushalte ihre Stromverbräuche und -kosten systematisch zu überschätzen. Dies kann dazu führen, dass potentielle Nutzengewinne dynamischer Tarife überschätzt werden. Einheitliche Korrekturmaßnahmen (beispielsweise Wechselprämien) könnten jedoch ausreichen, um verzerrte Tarifauswahlentscheidungen hinreichend effizient zu korrigieren und eine optimale Verwendungsrate dynamischer Tarife zu erreichen. Die Handlungsempfehlungen, die BeSmart bezüglich des Designs und der Verbreitung dynamischer Tarife gibt, können auf Basis der publizierten Ergebnisse in der Praxis genutzt werden.
Abbildung zu den Projektergebnissen

Damit Haushalte von dynamischen Tarifen profitieren können, müssen sie ihren Stromverbrauch aus Hochpreis-Zeiten in Niedrigpreis-Zeiten verlagern. Abbildung 1 zeigt die modellierte Reaktion eines Haushaltes und einer Wärmepumpe, die mit einem thermischen Speicher kombiniert ist, auf entsprechende Preissignale. Da Wärmepumpen vergünstigte Tarife erhalten, wird neben einem Haushaltstarif (gestrichelte Linie) auch ein Wärmepumpentarif (durchgezogene Linie) modelliert. In der oberen Abbildung zeigt die hellgraue Fläche das Standard-Lastprofil „H0“, das den Stromverbrauch eines typischen Haushalts abbildet. Die dunkelgraue Fläche stellt den Stromverbrach der Wärmepumpe dar, die immer dann anspringt, wenn der thermische Speicher geladen werden muss. Die untere Abbildung verdeutlicht die modellierte Verbrauchsverlagerung des Haushaltes in günstigere Preiszonen. Auch die Wärmepumpe heizt den Speicher so auf, dass teure Preiszonen optimal vermieden werden. Diese Modellierung erlaubt die Quantifizierung finanzieller Einsparungen und die Analyse unterschiedlicher Tarifcharakteristika.
Kernthesen und Befunde
- Hinreichende Kosteneinsparungen können durch die Dynamisierung aller verbrauchsabhängigen Strompreiskomponenten erreicht werden.
- Obergrenzen für Jahresdurchschnittspreise sichern effizient gegen Kostenrisiken und bewahren gleichzeitig die Anreizwirkung dynamischer Tarife.
- Akzeptanzprobleme können und sollten mit Hilfe verschiedener Ansätze (z. B. einer besseren Informationsbereitstellung, Kostenversicherungen oder automatisierter Lastverlagerungen) adressiert werden.
- Tageszeitabhängige Tarife mit vielen Preiszonen stellen einen möglichen Kompromiss zwischen effizienten Preisen und Haushaltspräferenzen dar.
- Systematische Fehler bei Tarifentscheidungen können effizient mittels einheitlicher finanzieller Anreize korrigiert werden.
Flagship Paper
Freier, J., von Loessl, V. (2022):
Dynamic electricity tariffs: Designing reasonable pricing schemes for private households. Energy Economics 112: 106146.
Gambardella, C. (2022):
Biased Beliefs and Retail Rate Choice: Welfare Effects in the German Electricity Market (Discussion Paper).
Gräper, G., von Wangenheim, G. (2022):
How electricity tariffs optimally induce consumption behavior and the selection of incentive contracts (Arbeitstitel).
Gerhardt, M., Groh, E. D., Ziegler, A. (2022):
The relevance of life-cycle CO2 emissions for vehicle purchase decisions: A stated choice experiment (Arbeitstitel).
Nakai, M., von Loessl, V., Wetzel, H. (2022):
Preferences for Dynamic Electricity Tariffs: A Comparison of Households in Germany and Japan. MAGKS Discussion Paper No. 13-2022.