Projekt
ROCHADE- Klimapolitik und Vermeidungsstrategien in global vernetzten und in sich entwickelnden Volkswirtschaften: Die Rolle von Strukturwandel und Verteilungseffekten
Das Projekt analysiert klimapolitische Verteilungseffekte unter Berücksichtigung der Rolle des Strukturwandels. Insbesondere wird untersucht, inwieweit ambitionierte Klimapolitik den Übergang von Agrar- zu modernernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften verlangsamt. Es werden die Abhängigkeiten von Strukturwandel und wirtschaftlichem Wachstum sowie deren Einfluss auf den Abbau von Armut untersucht, Wechselwirkungen zwischen Strukturwandel und Klimawandel betrachtet, sowie Politikmaßnahmen zur Minderung negativer Verteilungseffekte analysiert. Die Analyse von Verteilungseffekten erfolgt sowohl auf der Ebene von Volkswirtschaften als auch von Haushalten.
Ergebnisse des Projekts
(I) Die Nutzung von Kohle korreliert, historisch gesehen, positiv mit ökonomischem Wachstum und Armutsminderung; Kohlekraftwerke bewirken signifikante regionale Wachstumseffekte in der Zeit nach Inbetriebnahme. (II) Internationaler Handel und Kapitalakkumulation fördern die internationale Angleichung sektoraler Strukturen. In diesem Millenium lässt sich jedoch auch eine handelsinduzierte Spezialisierung in CO2-intensiven Sektoren beobachten. (III) Unter Beibehaltung der aktuellen Handelspolitik, sind Entwicklungsländer am stärksten von Wohlfahrtsverlusten durch den Klimawandel betroffen. (IV) Konsumeffekte der Klimapolitik treffen in Deutschland ärmere Haushalte am stärksten, Einkommenseffekte dagegen reiche. Mit Pro-Kopf-basierter Verteilung von Einnahmen aus der CO2-Bepreisung profitieren die ärmeren Haushalte von Klimapolitik. (V) Verteilungseffekte von Strukturwandel sind in Entwicklungsländern potenziell größer und wirken stärker regressiv als die von Klimapolitik. Klimapolitik bremst tendenziell den Strukturwandel durch den Rückgang ökonomischer Aktivitäten im Industriesektor.
Abbildung zu den Projektergebnissen

Die Ergebnisgrafik zeigt die resultierenden Verteilungseffekte (durch Preisänderungen verursachte Konsumverluste oben und Einkommensverluste unten) jeweils als Differenz zwischen einem Szenario mit und ohne Klimapolitik (rote Linie) bzw. einem Szenario mit und ohne Strukturwandel (blaue Linie). Die Ergebnisse werden hier für drei SSPs und beispielhaft für ein Handelsmodell (KITE) dargestellt. Diese Grafik ermöglicht den direkten Vergleich der Verteilungswirkung von Klimapolitik und Strukturwandel. Diese Art von Vergleich existiert unserer Kenntnis in der Literatur noch nicht und stellt somit eine Innovation dar. Die Ergebnisse der Indien-Studie können qualitativ wie folgt zusammengefasst werden: 1) Aggregiert über alle Haushalte: Sowohl Klimapolitik als auch sektoraler Strukturwandel (Agrar, Industrie, Dienstleistungen) haben durch Preis- und Einkommensänderungen negative Auswirkungen auf die Konsummöglichkeiten. Konsumverluste durch Strukturwandel sind ungefähr doppelt so groß wie durch Klimapolitik. 2) Verteilungseffekte: Sowohl Klimapolitik als auch Strukturwandel wirken regressiv. Die Konsummöglichkeiten ärmerer Haushalte sind in beiden Fällen stärker beeinträchtigt. Die Spanne der Konsumänderungen zwischen armen und reichen Haushalten ist jedoch beim Strukturwandel mehr als doppelt so groß wie bei der Klimapolitik. 3) Die Ergebnisse sind robust über verschiedene sozio-ökonomische Szenarien (SSPs). 4) Maßnahmen zur Rückverteilung von Steuereinnahmen (z.B. CO2-Steuer) sollten neben den nachteiligen Effekten von Klimapolitik auch diejenigen von Strukturwandel berücksichtigen. Staatliche Industriepolitik sollte ärmere Haushalte unterstützen, in den Industrie- oder Servicesektor zu wechseln.
Kernthesen und Befunde
- Die Nutzung von Kohle korreliert, historisch gesehen, positiv mit ökonomischem Wachstum, Industrialisierung und Armutsminderung; Kohlekraftwerke bewirken signifikante regionale Wachstumseffekte in der Zeit nach Inbetriebnahme.
- Internationaler Handel und Kapitalakkumulation fördern die internationale Angleichung sektoraler Strukturen. In diesem Millenium lässt sich jedoch auch eine handelsinduzierte Spezialisierung in CO2-intensiven Sektoren beobachten.
- Unter Beibehaltung der aktuellen Handelspolitik, sind Entwicklungsländer am stärksten von Wohlfahrtsverlusten durch den Klimawandel betroffen.
- Konsumeffekte der Klimapolitik treffen in Deutschland ärmere Haushalte am stärksten, Einkommenseffekte dagegen reiche. Mit Pro-Kopf-basierter Verteilung von Einnahmen aus der CO2-Bepreisung profitieren die ärmeren Haushalte von Klimapolitik.
- Verteilungseffekte von Strukturwandel sind potenziell stärker als die von Klimapolitik.
Flagship-Paper
Fischer, C., Hübler, M., Schenker, O. (2021):
More Birds than Stones – A Framework for Second-best Energy and Climate Policy Adjustments. Journal of Public Economics 203: 104515.
Hübler, M., Pothen, F. (2021):
Can Smart Policies Solve the Sand Mining Problem? PLOS ONE 16 (4): e0248882.
Kalkuhl, M., Steckel, J. C., Montrone, L., Jakob, M., Peters, J., Edenhofer, O. (2019):
Successful coal phase-out requires new models of development. Nature Energy 4: 897-900.
Marcolino, M. (2022):
Accounting for Structural transformation in the U.S. Journal of Macroeconomics 71: 103394.
Montrone, L., Kalkuhl, M., Steckel, J. C. (2022):
The type of power capacity matters for economic development - Evidence from a global panel. Resource and Energy Economics 69: 101313.